Grönland - 30.8. bis 5.9. und 6.9.-16.9.02

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Das Team 2002 von links nach rechts

Thilo Trinkner, Koni Schätz, Marlene Tesche, Eva, Sigurd Tesche

Das Team 2002 von links nach rechts

vorne: Martin Wampl, Ingo Eichelberger, Koni Schätz

hinten: Thilo Trinkner, Eva, Werner Burkhard, Pascal Kaufmann

 

 
 

Ein Reisebericht

 

Dieses Jahr sollten uns gleich zwei - grundverschiedene - Tauchtouren nach Grönland führen. Zum einen sollten wir Sigurd und Marlene Tesche an Tauchplätze führen, damit sie genügend Material für ein Filmprojekt erhalten konnten. Zum anderen führten wir unsere diesjährige Tauchtour mit Koni Schätz, Thilo Trinkner, Martin Wampl, Ingo Eichelberger, Pascal Kaufmann und Werner Burkhard durch.

 

Bereits am 30.8. verließen wir München bei sommerlichen Temperaturen und flogen via Kopenhagen und Kangerlussuaq mit dem letzten direkten Flug nach Ilulissat, wo wir abends um 22.20 Uhr noch bei Tageslicht landeten. Dies sollte sich im laufe der nächsten zwei Wochen ändern, denn innert dieser kurzen Zeit wurde es dann schon vor 20.00 Uhr dunkel.

 

Ilulissat - das Wiedersehen

 

Schön, dass wir wieder in Ilulissat waren. Beim Anflug ein Wiedersehen mit den gigantischen Eisbergen, wieder die Fahrt an der spektakulären Küste entlang vom Flughafen zur Unterkunft, dem Disko Bay House. Und schon gleich der erste Termin, wir trafen uns mit Sigurd und Marlene Tesche, die wir die erste Woche begleiten sollten.

 

Am nächsten Tag ging dann die Arbeit los. Wir mussten die Ausrüstung von der Spedition holen, die Boote zusammenbauen, aufblasen, die Motoren montieren und sie zu Wasser lassen. Die Tauchausrüstung vor Ort sowie die mitgebrachten Kompressoren mussten zu unserem Ausgangspunkt, Willi’s Container am Hafen, gebracht werden. Pressluftflaschen mussten gefüllt werden, und vieles mehr.

 

Doch dann war alles soweit, und am Sonntag konnte es richtig losgehen:

 

Der erste Tauchgang - „gleich um die Ecke"

 

Seit gestern haben wir herrliches Wetter, der starke Nordwind, der einige Tage lang wehte, hatte sich gelegt und bei strahlend blauem Himmel und intensivem Sonnenschein fuhren wir mit den Schlauchbooten in Richtung Itisuarsuk, eine Bucht, die wir vom letzten Jahr noch gut kannten. Aber schon „gleich um die Ecke" fanden wir einen gut geschützten Platz an der felsigen Küste mit einem schönen Eisberg davor, natürlich legten wir an, um hier zu tauchen. Gleich zu Beginn Eis mit schönen Unterwasserstrukturen bei Sonnenschein - wenn das kein Highlight ist! Die Schufterei von gestern ist vergessen bei dieser eindrucksvollen Kulisse, die sich uns von diesem Platz aus bot. Nach links blickend der Eisfjord mit seinen gigantischen Eismassen, zum Horizont hin die vorbeiziehenden Eisberge und vor der Nase ein geradezu idealer Eisberg zum Tauchen - da wurden natürlich gleich alle zwei Tauchgänge des Tages an diesem Platz gemacht.

 

So kennen wir Grönland und die Disko-Bucht nicht! Es ist um diese Zeit noch so lange hell, die Tage so lange, dass wir Mühe haben, die Zeit richtig einzuschätzen. Denn das Problem in Ilulissat ist, dass man nur bis acht Uhr etwas zu essen bekommt, danach ist alles zu. So ging es uns gestern, heute ist uns das nicht passiert. Pünktlich um sieben Uhr sassen wir alle zusammen im Cafe Iluliaq, dieses Jahr das einzige brauchbare Restaurant in Ilulissat, und liessen uns unser Abendessen schmecken.

 

Oqaitsut (Rodebay)

 

Auch am nächsten Tag lässt uns das Wetter nicht im Stich. Bei Sonnenschein und Windstille luden wir die Tauchausrüstung am Hafen auf die „Esle" und fuhren in Richtung Rodebay. In Ilulissat konnten wir am Steg anlegen, doch in Rodebay musste das Boot mit den Schlauchbooten entladen werden. Zu dieser Zeit kam leider Wind auf, was das Entladen etwas erschwerte, doch schließlich hatten wir alles wieder im „Speckhäuschen" von Uta und Ingo verstaut.

 

Wir freuten uns sehr, Uta und Ingo und das Restaurant H8 wiederzusehen, das die beiden jetzt schon seit fünf Jahren führen, und natürlich auf die gemütlichen Abende und das gute Essen in Rodebay. Die Unterkünfte waren schnell bezogen, die Betten verteilt und die Hausordnung erklärt.

 

Der „Walfriedhof"

 

Es hinderte uns also nichts mehr daran, tauchen zu gehen, was wir natürlich prompt taten. Mit den Booten fuhren wir zum „Walfriedhof", wo der Kopf eines Finnwals lag, der im Juni von den Einheimischen erlegt wurde (zur Erinnerung: In Grönland werden Finnwale kontingentiert gejagt, es dürfen von den Jägern in Ilulissat und Rodebay zwei Wale pro Jahr gefangen werden). Gerd posierte beim Walkopf - in Konkurrenz zu den Maden, die den restlichen Walspeck zersetzen, und die für Sigurd als Filmmotiv natürlich mindestens genauso interessant waren wie Gerd hinter dem Walkopf schwebend. Hier muss man aufpassen, dass man nicht zu nahe kommt, da die Tauchausrüstung danach stark stinkt und man den Gestank fast nicht mehr herausbringt (wie Uwe vom letzten Jahr bestätigen kann).

 

Abschied von der „Roten Anemone"

 

Unser letztes Jahr entdeckter spektakulärer Tauchplatz muß jetzt wohl umbenannt werden, da es sich bei der hier auf Wänden von 13m bis über 30m lebenden Art um rote und orange Kletterseegurken handelt, wie wir erfahren haben, deren Vielfalt und Vorkommen in dieser eher geringen Tiefe aber dennoch einzigartig ist.

 

Aber ob jetzt Anemone oder Kletterseegurke, der Tauchgang war wieder sehr eindrucksvoll. Wände voller Kletterseegurken in satten Rottönen, dazwischen riesige Grönlandkrabben, Seespinnen und immer wieder Skorpionsfische und Knurrhähne. Doch hier gibt es auch sie tatsächlich - schöne große rote Seeanemonen!

 

Heute war es sehr windig und es gab sehr schnell höhere Wellen, die Fahrt zum Tauchplatz war aber zum Glück nicht lange. Doch kein Wetter, um die Oberflächenpause am Tauchplatz zu halten. Außerdem ist es viel gemütlicher im nicht weit entfernten H8. Im Windschatten konnte man auch ganz gut draußen im hohen Gras dösen - zusammen mit den Hunden, die es auch sehr genießen, in der noch warmen Sonne zu dösen und die sich hinter den Grashügeln zusammenrollen, wenn es windig ist. Die Oberflächenpause bei der Herberge konnte auch regelmässig dazu benutzt werden, die Hunde zu ihren Verstecken zu verfolgen, denn dort fand man seine Schuhe, Mützen, Schals oder Softbleisäckchen wieder. Auch junge Schlittenhunde wollen spielen und dafür eignen sich natürlich Gegenstände besonders gut, die draussen liegen gelassen werden, wenn man tauchen geht.

 

Und wieder Eis

 

Am Nachmittag sahen wir uns einen schönen Eisberg an, der seitlich der Anlegestelle in Richtung „Walfriedhof" lag. Der Eisberg war ca. 15 m breit, an der landeinwärts gerichteten Seite sanft ansteigend, doch relativ hoch und teilweise an den schmalen Seiten überhängend. Leider war auch die Sicht aufgrund des Windes und der Wellen von gestern eher schlecht, doch die Formationen gleich unter der Wasseroberfläche reflektierten in der Sonne, durch ein Loch im Eisberg wurde das Wasser gespült und fabrizierte phantastische Bilder aus der Perspektive des Tauchers gerade über die Wasseroberfläche. Doch während wir am Eisberg waren, wurde dieser durch die steigende Flut losgerissen, was sich durch lautes Knacken bemerkbar machte, als er begann sich zu bewegen, spürte man eine Druckwelle. Und schon waren wir weg!

 

Der Wind hatte inzwischen aufgefrischt und drückte die Boote ans Ufer, ein Weggkommen war ziemlich schwierig. Doch mit den Trockentauchanzügen kann man schon einmal auch etwas ins Wasser laufen, um die Boote vom Ufer wegzuziehen. Die Boote mußten dennoch gelenzt werden, da sie vollgelaufen waren. Mittlerweile war auch die Sonne weg und es wurde ziemlich unfreundlich.

 

Und noch mehr Eis

 

Der Wind vom Vortag hatte sich wieder gelegt und wieder hatten wir einen schönen und sonnigen Tag vor uns.

 

Durch den starken Wind vom Vortag trieb ein schöner, etwa 10m langer Eisberg direkt von den Anlegesteg beim H8. Alles, was wir tun mussten, war, nach dem Frühstück fast direkt vom H8 aus ins Wasser zu springen und abzutauchen. Der Eisberg glitzerte in der Sonne und wiederum konnte man herrlich bizarre Unterwasser-Eisstrukturen beobachten. Ein Ende des Eisberg brach - ganz still und heimlich - ab und Koni konnte, als er gerade daran vorbei schwamm, dies hautnah miterleben. Auch der andere, überhängende Teil des Eisbergs, den wir wohlweislich nicht betaucht hatten, brach unter Getöse ab und schließlich noch einmal ein schönes Stück, diesmal wieder von der anderen Seite. Wir waren froh, haben wir gleich am Vormittag an diesem Eisberg getaucht, denn am Nachmittag war nicht mehr viel davon übrig.

 

Nachmittags wurde nochmals der „Walfriedhof" angesteuert. Der Eisberg dort war inzwischen auch weiter getrieben und wir widmeten uns zur Abwechslung wieder den Wirbelknochen, Bandscheiben und Unterkiefern an diesem Ort.

 

Auch am nächsten Tag nochmals ein „Wiederholungstauchgang", die ehemalige „Rote Anemone", jetzt „Kletterseegurke" stand auf dem Programm.

 

Zurück nach Ilulissat

 

Doch leider mußten wir fürs erste Rodebay wieder verlassen. Viel schlimmer war der Gedanke an die Materialschlacht, die uns wieder bevorstand. Beladen der „Esle" mit den Schlauchbooten, stauen der Ladung, vertäuen der Schlauchboote, etc. Unser Rückweg war mit riesigen, sehr nahe beim Land befindlichen Eisbergen gesäumt, die im Sonnenlicht glänzten. Bei ruhiger See und wie gesagt Sonne - es wird ja fast langweilig - fuhren wir in Ilulissat in den Hafen ein. Das Entladen ging reibungslos am Pier im Hafen vonstatten und die Unterkunft im Disko Bay House wurde wieder bezogen.

 

Doch nach dieser Woche waren wir alle sehr müde und hatten die ersten blauen Flecken und kleinen Verletzungen weg. Doch jetzt sollte es ja nochmal so richtig losgehen!

 

Tour - die Zweite

 

Am 6.9. mittags kam das Flugzeug aus Kangerlussuaq und brachte den Rest unserer Gruppe, denn Thilo und Koni hatten sich schon eine Woche lang tapfer mit uns zusammen geschlagen (und fühlten sich auch so!). Denn - Kompressoren sind schwer, auch das Gewicht der Pressluftflaschen hängt auf Dauer ganz schön an und erst recht die Kombination von Schleppen und Tauchen und Tauchen und Schleppen!

 

Nur leider - heute ist es grau in grau, es regnet und ist kalt. Da nützt es nicht, wenn man den Ankommenden erzählt, dass man eine Woche lang Sonnenschein hatte. Auch ist es nicht so gemütlich, bei solch einem Wetter die Ausrüstung wieder klar zu machen und eine Reihe von Dingen zu erledigen. Aber auch das musste sein.

 

Nachdem alle glücklich gelandet waren und wir die Zimmer im Disko Bay House bezogen hatten, stürmten die ersten schon voller Tatendrang los. Trotz des schlechten Wetters war für einige schon ein Fußmarsch zum Eisfjord angesagt, andere machten Ilulissat unsicher oder liessen einfach mal die Umgebung auf sich wirken.

 

Abends trafen wir dann noch einmal Sigurd und Marlene Tesche beim gemeinsamen Abendessen, denn am nächsten Tag, dem Samstag, sollten wir bereits wieder losfahren.

 

Fahrt nach Ataa

 

Auch heute regnet es, der Nebel hängt tief über dem Land, teilweise verdeckt er es ganz, und es ist kalt. Braungebrannt, wie wir von der ersten Woche waren, konnte sich keiner der Neuankömmlinge die prächtige Umgebung auch nur vorstellen, die man sieht, wenn die Sonne scheint. Nichts da von riesigen Eisbergen, deren blaue Eisadern im Sonnenlicht glitzern, denn man sah sie kaum im Nebel.

 

Doch auch bei Regen musste das Equipment ins Schiff, diesmal wurde die „Clane" am Pier im Hafen beladen, alle packten an uns wir konnten planmässig ablegen. Doch wir hatten nicht mit Ingo gerechnet - Ingos Flossen lagen noch im Container, also alles wieder zurück und Flossen holen! Von Ingo werden wir in ähnlichem Zusammenhang noch öfter im Laufe der Schilderung hören.

 

Doch schließlich ging es wirklich los und trotz des schlechten Wetters und des Nebels begann die Fahrt, die 4,5 Stunden dauern sollte, gut gelaunt, es wurde fotografiert, man kauerte sich an Deck zusammen, den Blick immer entlang der kaum sichtbaren Küste. Doch langsam schlich sich die Kälte und die Nässe in die Gliedmassen, die Füsse wurden langsam nass, die Hände, die den Fotoapparat hielten, langsam klamm. Die ersten verzogen sich schon ins Führerhäuschen des Schiffs, denn dort stand ein Ofen.

 

Doch plötzlich erschallte der Ruf „Wale!" und alle waren draussen, hellwach und mit Fotoapparaten ausgerüstet. Langsam und in einigem Abstand fuhren wir eine Zeit lang den Walen hinterher, es waren zwei Buckelwale. Und immer wieder sahen wir sie vor uns auftauchen, doch plötzlich waren sie sehr nahe vor dem Bug. Und just in diesem Augenblick brach ein Eisberg, an dem wir fünf Minuten vorher vorbeigefahren waren, mit Krachen und Getöse auseinander. Ja, wo sollte man denn da zuerst hinsehen und gar fotografieren. Doch hier trat wieder Ingo in Aktion - Ingo war im Ausguck am Mast, hatte also den besten Blick auf die ganze Umgebung und das ganze Geschehen. Nur leider lief die Kamera bereits und als er den auseinanderbrechenden Eisberg filmen wolle, was passierte da? Er stoppte die Aufnahme! Dies sollte noch öfter passieren. Armer Ingo! Und als Krönung wurden wir beide, nämlich Thilo und ich, belohnt, weil wir hartnäckig die Wale weiter beobachteten - denn plötzlich kam die Schwanzflosse schön und riesig aus dem Wasser! Aber wir konnten es den anderen wenigsten schildern.

 

Die Wale hatten uns etwas Zeit gekostet und schließlich kamen wir gegen drei Uhr nachmittags beim Camp Ataa an. Nun begannen die Schwierigkeiten. Leider konnten wir aufgrund des mittlerweile starken Windes und der damit aufgekommenen Dünung das Schiff mit den Booten nicht entladen. Der erste Versuch scheiterte, denn beim Versuch, wieder von der Bucht vor dem Camp abzulegen, fiel Koni in voller Montur ins kalte Wasser und musste erst einmal ins Bett gesteckt werden, da die Kleidertaschen noch im Schiff waren und erst viel später am Nachmittag entladen werden konnten. Wir mussten die Ausrüstung aber wenigstens in einer weiter entfernten Bucht an Land bringen, da die „Clane" zurück nach Ilulissat musste. Da stand dann nun alles und nach und nach brachten wir dann die Ausrüstung mit den Schlauchbooten von der einen Bucht in die andere Bucht vor dem Camp. Leider fiel der geplante Tauchgang aus, da wir erst abends mit dem Entladen der Ausrüstung und der Taschen sowie mit dem Bezug der Unterkunft fertig waren.

 

Leonardo, der das Camp im Sommer führt, empfing uns mit Kaffee und Tee zum Aufwärmen, was auch bitter nötig war. Und nach und nach konnten wir die nassen Schuhe und Socken, die nassen Hosen und Handschuhe an den mittlerweile angeheizten Ofen hängen. Hier gibt es keinen Laden, kein Restaurant, nur das Camp - also wurden wir von Leonardo bekocht.

 

Ataa und das Tauchen

 

In den beiden vorangegangenen Jahren waren wir noch nicht in Ataa, bereits von uns erforschte Tauchplätze gab es da also nicht. Am Sonntag hatte das Wetter noch eine Draufgabe bereit, es schneite. Doch heute wurde getaucht - zunächst einmal ein Checkdive in der Bucht vor dem Camp. Die Eisberge waren alle an der Abbruchkante ein Stückchen weiter draussen in der Bucht festgefahren, doch musste man schon aufpassen, damit man beim Tauchgang nicht in deren Nähe kam, denn sie alle waren zu groß und zu gefährlich. Auch aufgrund des Windes und des Regens ist die Gefahr, dass Eisberge auseinanderbrechen, grösser. Der Grund ist hier nur leicht abfallend und sehr dicht mit Laminarien bewachsen. Alle konnten sich an die Wassertemperatur von 0°C gewöhnen und die Eisbröckchen schwammen an der Oberfläche herum. Doch als Arktistaucher muss man geübt sein, man muss die Krabben und Krebse, die See- und Sonnensterne, die nackten und die angezogenen Schnecken schon ein bisschen unter den Laminarien und in kleinen Höhlen der Felsen suchen, wo sie sich verbergen. Vereinzelt haben sich auch hier Kletterseegurken an Steinen festgesetzt und immer wieder sieht man auch sehr schöne Anemonen.

 

Nach dem Auftauchen riess der Himmel auf, die Sonne kam durch und damit veränderte sich auch die ganze Landschaft. Es war nichts mehr übrig von dieser ungastlichen kargen und bergigen Einöde, die mit dicken Wolken und Nebelschwaden verhangen war. Jetzt schimmerten die Eisberge in der Sonne, dösten auf dem tiefblauen Meer und das Land, von der Sonne beschienen, zeigte seine warmen Herbstfarben, in denen sich die Gräser und Flechten präsentierten. Man konnte im Gras liegen und in der Sonne dösen, während der Kompressor stetig die Flaschen füllte - das einzige Geräusch in dieser Stille.

 

Nach einem kurzen Fußmarsch ins Landesinnere kamen wir an einen Süsswassersee, den Taserssuaq. Dort wollten wir hin zum Tauchen. Der Marsch zum See gab ein skuriles Bild - in Tauchanzüge gehüllte, die Tauchausrüstung auf dem Rücken oder sonstwie schleppende, Gestalten wanderten über die Hügel zum See. Dort angekommen, steckten wir gleich im Schlamm fest, stolperten über Steine und waren schließlich glücklich im Wasser, als, wie kann es anders sein, Ingos Trockentauchhandschuh einen großen Riss abbekam, sein Tauchgang fand also nicht statt. Doch auch ein kaputtes Flossenband machte einen neuerlichen Fussmarsch für Gerd nötig, der sich im Camp ein neues Band holen musste, wollte er tauchen. Schließlich erwartete uns klarstes Wasser, man konnte glauben, dass man durch die Luft schwebt und nicht im Wasser schwimmt.

 

In der Dämmerung schlichen ein paar Polarfüchse um die Häuser des Camps, denn von Leonardo bekamen sie immer ein paar Essensreste. Da sie aber sehr scheu sind, kamen wir nicht einmal in ihre Nähe.

 

Am Montag sollte es dann mit dem Schiff nach Rodebay gehen, doch am Vormittag war noch ein Tauchgang geplant. Geeignet erschien uns ein Fjord, der Kangerdlo, der nur eine kurze Bootsfahrt entfernt war. Hier war zwar ein schöner Eisberg vorhanden, doch leider zu weit draussen und nicht am Grund festgefahren, denn hier war es tief. Bei strahlend schönem Wetter zogen wir die Boote auf einige flachere Steine an der steil abfallenden Küste und es konnte losgehen. Aufgrund des schlechten Wetters der letzten Tage war die Sicht leider nicht so gut wie in der ersten Woche. Doch die Wand bot eine Vielfalt an Kleinlebewesen und Bewuchs.

 

„Heim" nach Rodebay

 

Nachdem wir wieder eine logistische Meisterleistung vollbracht hatten, bis alles wieder gut ver- und gestaut in der „Clane" war, konnten wir ablegen und diesmal bei Sonnenschein die Fahrt gen Süden geniessen. Abends erreichten wir dann Rodebay und allen graute schon vor dem Entladen. Auch die „Clane" konnte nicht an den Steg beim H8 und somit mussten wir wieder mit den Schlauchbooten entladen, was aber relativ zügig vor sich ging. Langsam sassen die Handgriffe und alle waren geübt. Uta bekochte uns mit feinen Fischgerichten und wir genossen die gemütliche Umgebung im H8 und in der Herberge.

 

In dieser Nacht gab es noch große Aufregung - denn es gab ein sehr schönes Nordlicht und alle rannten und stolperten so weit wie möglich zur Küste hin, um auf die Felsen zu klettern und dieses Spektakel noch näher und intensiver erleben zu können.

 

Für die nächsten Tage in Rodebay war Tauchen bis zum Abwinken geplant. Gleich am ersten Tag suchten wir natürlich die „Kletterseegurke" (ehem. Rote Anemone) heim. Leider war auch hier die Sicht schlechter geworden. Auch das Wetter wurde schlechter, Wind kam auf und es gab Wellen. Mittagspause in der Herberge war also vorprogrammiert. Nachmittags tauchten wir in „Barbie’s Bucht", eine auf das offenen Meer hinausgehenden Bucht, die vom H8 aus zu Fuß erreicht werden konnte. Also wieder Tauch-Wandern bis zum Tauchplatz. Hier hatten wir nämlich einen schönen Eisberg gesichtet, den wir uns einmal näher ansehen wollten. Leider war auch hier die Sicht nicht optimal, doch die Dimensionen und die bizarre Struktur des Unterwasserteils des Eisberg konnte man eindrucksvoll erkennen.

 

Natürlich stand auch der „Walfriedhof" wieder auf dem Programm, es galt, den neuen Schädel - und auch den Schädel vom letzten Jahr - zu finden, über die teilweise schön aneinandergereihten Wirbelknochen zu gleiten und sich die Knochenbündel, die noch mit Seilen zusammengebunden am Grund lagen, anzusehen. Im Laufe der Woche haben wir auch noch zwei neue Tauchplätze ausprobiert. Zum einen an der Insel gegenüber des Ortes Rodebay. Doch hier zeigte sich die ganze Zerstörungskraft der Eisberge, die vor der Küste vorbeiziehen, und der Wintereisdecke, mit der die gesamte Bucht von Rodebay im Winter zugedeckt ist. Denn hier - vor allem weil es flacher ist - sind die Muscheln zerbrochen, die Seepocken zerrieben und kaum Pflanzen und Tiere anzutreffen.

 

Sicherlich durfte hier - in der Quivittoq-Bucht - ein Nachttauchgang nicht fehlen. Letztes Jahr wurden die Taucher gar für Geister gehalten, daher "Quivittoq", was auf grönländisch Geister heisst. Dieses Jahr sind alle auf die „Verrückten", die hier ins Wasser springen, vorbereitet. Doch auch dieses Mal sahen die Lichter der Tauchlampen unter Wasser schon sehr gespenstisch aus. Und plötzlich gab es wieder Nordlichtalarm - aber nur für die Daheimgebliebenen, denn bei der Oberflächensupervision von Küchen-, WC- und Gangfester aus konnten wir das - diesmal nur sehr kurzzeitige - Nordlicht beobachten.

 

In diesen Tagen wechselte das Wetter zwischen warm und sonnig mit unglaublich schönen Lichtstimmungen am Abend und kalt und windig ab. Doch die Krönung war der beginnende Föhn. Schon der letzte Tauchgang war stark vom aufkommenden Wind geprägt - vor allem die Fahrt zum Tauchplatz, bei der wir samt und sonders mit den Wellen, die gegen den Bug schlugen, überspült wurden. Für Ingo und Koni, die nur als Filmer und nicht als Taucher, also ohne Trocki, mit kamen, eher unangenehm, denn die beiden waren innert kürzester Zeit bis auf die Unterhosen nass.

 

Nun müssen wir wieder zurück nach Ilulissat

 

Die Tage in Rodebay waren anstrengend - so manche geplante Wanderung endete in einem Vormittagsschlaf, der „schnarchfrei" im Schlafsaal der Herberge von Martin genossen wurde, denn Werner hielt uns mit seinem Schnarchen so manche Nacht wach. Doch es tut uns jedes Mal besonders leid, von Rodebay wegzufahren. Hier, wo alles so heimelig und gemütlich ist, wo die Infrastruktur so perfekt ist, denkt man nur mit Grauen an die nächste Verladeaktion.

 

Und diese fand bei stärker werdendem Wind wieder per Schlauchboot statt. Die „Clane" legte am Pier an und wir fuhren einige Male den Weg zwischen Steg und Pier, und, wie konnte es anders sein, Koni musste mal wieder die Kleider wechseln, denn auch heute wurde er bis auf die Haut nass.

 

Der Föhnsturm, der vom Inlandseis westwärts wehte und immer stärker wurde, trieb so nach und nach alle Eisberge vom Land weg. Außerdem kletterte die Temperatur auf +15°C, etwas derartiges hatten wir noch nie hier erlebt. Dafür gab es, wie man uns erzählte, im Juni derartig viel Eis, dass einige Tage lang kein Schiff von Ilulissat nach Rodebay fahren konnte.

 

In Ilulissat angekommen, musste gleich ein Teil des Equipments zur Spedition gebracht werden, der Rest wurde im Container gelagert.

 

Am Samstag planten Ingo, Werner und Pascal, an einer Helikoptertour zum Gletscherabbruch teilzunehmen. Doch auch hier spielte der Sturm ihnen einen Streich, denn sie konnten nicht laden. Am Nachmittag wollte wir nochmals tauchen, diesmal im Itisuarsuk oder Holländers Havn. Doch auch diesen Plan trug der Sturm buchstäblich davon, denn der Wind war so stark geworden, dass das Boot nicht mehr auslaufen konnte. Auch die Fischer kamen zurück und sogar die Eisgiganten im Isfjeldsbanken wurden stark auseinandergetrieben, sodass breite Wasserstrassen zwischen den Eisbergen entstanden. Im Gegensatz zum letzten Jahr, als wir aufgrund der Eissituation fast nicht mehr mit dem Boot in den Eisfjord einfahren konnten. Also brachten wir unser Equipment ins Lager und entschlossen uns, wenigsten eine Wanderung in Richtung Itisuarsuq zu machen.

 

Der Eisfjord

 

Am Sonntag schlug das Wetter total um - Windstille, Sonne und Temperaturen von 12-16°C. Wir wanderten mit hochgekrämpelten Ärmeln und den Jacken im Rucksack zu einer alten Siedlung namens Sermermiut und dann entlang des Kangia in Richtung Isfjeldsbanken. Von hier aus hat man einen wundervoller Blick über den von der Sonne beschienen Kangia, den Fjord, durch den die Eisabbrüche des Gletschers als riesige Eisberg ca. ein Jahr lang durchgepresst werden, ehe ihre Formation immer loser wird und sie einzeln in die Disko Bucht driften.

 

Am Nachmittag sahen wir uns dann diese lose Formation der Eisgiganten etwas näher vom Boot, der „Maya", aus an. Willi steuerte das Boot mit gewohnter Routine zwischen den Eisbergen hindurch und einige Male bot sich uns das Spektakel von Eisabbrüchen, wir beobachteten Fischer, die ihre Leinen, die voller Fisch, nämlich dem Schwarzen Heilbutt, waren, herauszogen, es wurde fotografiert und genossen.

 

Ein Schlußwort

 

Doch damit war leider auch die Reise schon wieder vorbei. Ein letztes Mal kamen wir alle zu einem gemütlichen Abendessen zusammen.

 

Am Montag ging es dann schon morgens los zum Flughafen. Der Regen störte uns heute nicht mehr. In Kangerlussuaq, wo wir ins Flugzeug nach Kopenhagen umsteigen mussten, gab es einen längeren Aufenthalt und so entschlossen sich noch einige, die Moschusochsen zu suchen und zu fotografiern. Und tatsächlich - sie fanden Sie; nur Ingo war schon früher umgekehrt, da er nicht mehr daran glaubte, noch welche zu sehen.

 

Adventurediver Expedition Grönland

 

 

 

 

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